Mensch jetzt hab ich schon so viel in den Titel gepackt bleibt ja gar nichts mehr übrig für hier.
Vielleicht sollte man auch mal aufhören, so zu tun, als ob der familiengeführte Bauernhof ein realistisches Modell für die Zukunft ist.
Landwirtschaft braucht hohe Investitionen über lange Zeithorizonte, auf sehr große Flächen verteilt und mit sehr viel Fachwissen. Es ist absurd anzunehmen, dass Bauer Knut, seine Frau und sein Sohn das machen. Entweder der Betrieb ist gnadenlos ineffizient oder Knut führt de facto ein kleines Unternehmen, womit es dann aber eigentlich auch nicht mehr ein Familienbetrieb ist als Bosch.
An sich sind Familiengeführte schon möglich. Da kommt es dann halt sehr auf die Betriebsstruktur an(Wo; Was baut man; Eigenfutter; Was für Böden hat man; Wie lange besteht der Betrieb; Haupt oder Nebenberuflich). Bei Hauptberuflich geführten Betrieben spricht man dann natürlich trotzdem noch von Besitz und Schulden in Millionenhöhe, was zwar für die meisten viel ist ist in der Landwirtschaft nicht, da Investitionen ja so getätigt werden, dass diese sich nach spätestens 20 Jahren selbst bezahlt haben sind mehrere Millionen Euro Schulden auch kein großes Drama.
Zum Punkt Effizienz und so. Bloß weil eine Zentralisiertere Landwirtschaft effizienter ist ist es trotzdem Scheiße kleine Höfe systematisch Abzuschaffen. Man entzieht dadurch tausenden von Leuten die Lebensgrundlage und lässt diese mit einem riesigen Berg an Schulden(welche sich von selbst abbezahlen sollten) zurück. Des Weiteren ist eine dezentralere Landwirtschaft flexibler. Ein Betrieb der darauf ausgelegt ist jeden Tag 1000 Kühe zu melken kann nicht von heute auf morgen auf Ackerbau umschwenken, da die Ställe noch abbezahlt werden müssen. Kleiner(oft abbezahlt Höfe) können solch einen Wandel deutlich einfacher und schneller erledigen.
Wollen wir Effizienz um noch mehr zu exportieren oder eine Landwirtschaft die sich in die Landschaft einfügt, sie hegt und pflegt, und dabei ausreichend abwirft? Wollen wir dass es auch in Zukunft noch Dörfer gibt oder das die aussterben?
Und ist das vielleicht nicht fünf, zehn Cent pro Liter Milch mehr wert?
Oder, anders gesagt: Bitte jetzt nicht das Landwirtschaftsministerium an die FDP vergeben. Die CDU hat schon genug angerichtet.
Wollen wir 10 Milliarden Menschen ernähren oder nicht?
Im Übrigen heißt Effizienz ja nicht, tonnenweise Müll in den Boden zu kippen, damit der in 10 Jahren tot ist. Sondern es kann zB heißen, dass man über genug Land verfügt, um bessere Landmaschinen zu kaufen. Oder dass man in der Lage ist, mehrere Sorten Weizen anzubauen, um sich gegen schlechtes Wetter abzusichern.
Milch sollte dafür auch nicht der Maßstab sein. Milch wird schlicht überproduziert. Es gibt mehr Milch in Deutschland, als wir brauchen. Warum sollte mir diese Überproduktion etwas wert sein?
Wollen wir 10 Milliarden Menschen ernähren oder nicht?
Wer ist “wir”? Wir die 10 Milliarden Menschen, ja klar, wir, Deutschland oder Europa, nein. Denn wir sind nicht alle. Wir können auch gerne Holsteiner Tilsiter nach China exportieren das ist ne Spezialität und den kann man nur hier herstellen, aber muss Milchpulver sein?
Ich sehe hier keinen Wiederspruch. Dass wir mit der Überproduktion von Tierischen Produkten runter müssen ist klar. Die dadurch frei werdende Fläche können auch kleinere Höfe bewirtschaften. Und wie ja gesagt wurde, Landwirtschaft ist sehr wichtig für das Landschaftsbild. Außerdem haben die meisten eh keinen Bezug mehr zur Landwirtschaft, mit dem Höfe sterben wird dies noch schlimmer.
Effizienz sollte auch bedeuten, angemessen anzubauen, also eben Getreide-, Obst- und Gemüsesorten zu wählen, die ins Klima und die äusseren Umstände passen und direkten Bedarf decken, nicht nur das, was am meisten Geld bringt. Hier in Australien wird unheimlich viel Zeug angebaut, was für einen so ariden Kontinent unangemessenen Wasserbedarf hat (z.B. Reis, Nüsse), und das geht hauptsächlich in den Export.
Vielleicht sollte man auch wieder mal zur saisonalen Verfügbarkeit zurückkehren. Muss es denn unbedingt zu jeder Jahreszeit Erdbeeren zu kaufen geben, die dann doch entweder aus dem Gewächshaus oder aus Übersee kommen?
Ich weiß nicht genau. Wenn wir die große Energievernichtung durch Fleisch und Milch sein lassen und das Soja, Getreide und den Mais selber essen, haben wir jetzt schon genug Nahrung um alle Menschen satt zu bekommen (zu faul Quelle zu suchen). Außerdem werden riesige Flächen frei, die wir nicht mehr bewirtschaften müssen. Die können wir der Natur zurück geben, verwalden lassen um CO2 zu binden, als Naherholungsgebiete nutzen, Wölfe und Büffel ansiedeln, das passiert auch bereits und ist im Half-Earth Projekt super schön zuende gedacht.
Unsere Nahrung könnten wir, angeleitet von Profis, gemeinschaftlich, solidarisch anbauen, ohne riesige Maschinen auf kleinen, effizient genutzten Mischkultur-Flächen. Das ist der Solarpunk-Ansatz, gefällt mir richtig gut. :)
Die Hälfte der Bevölkerung ist depressiv weil wir allein vor Bildschirmen sitzen, Bullshit-Jobs machen, uns nicht genug bewegen und nicht mehr in der Natur sind. Das alles ändert sich, wenn wir uns den Gemüseanbau von den Konzernen zurück holen.
Und dann tanzen wir alle im Kreis und jauchzen?
Die Analyse ist ja nicht falsch, aber zu glauben, dass die Lösung ist, dass jeder in der Erde buddelt ist halt auch ein bisschen zu stark vereinfacht.
Unsere Gedanken bestimmen unser Handeln und ich versuche hier der Hoffnungslosigkeit, dem Zynismus und der Passivität etwas entgegen zu setzen. Unsere Nahrung ist zu billig und zerstört unsere Lebensgrundlage. Haben wir jetzt alle gecheckt, oder? Das müssen wir aber nicht hinnehmen! Statt satt und traurig vor dem Computer zu sitzen können wir alle die nächste Solawi in der Nähe suchen, dort anmelden, vielleicht auch ein wenig mithelfen und regenerative Landwirtschaft fördern. Das ist jetzt sofort möglich. Unsere Gemüsekiste kostet 25€ pro Woche, das ist teuerer als Bio bei Aldi. Das Gemüse ist manchmal noch dreckig und manchmal auch krumm, aber es wächst hier aus dem Boden, die Gemüsegärtnerin bekommt vernünftigen Lohn und der Acker wird jedes Jahr lebendiger und fruchtbarer, weil kein Pestizid mehr auf das Bodenleben gesprüht wird.
Es gibt überall so viele gute Lösungsansätze, aber die Leute bleiben einfach zuhause sitzen bis es brennt.
Die Abschaffung von Familienbetrieben ist ja auch super sinnvoll