verstehe ich das, sowohl aus Sicht der AfDler als auch deiner, primär als eine (Aus-)Richtungsfrage. Und da finde ich einen ÖR, der es den jeweiligen “Rändern” nicht recht macht, sondern in der Mitte tendiert, logisch und notwendig, da er den Durchschnitt repräsentieren muss.
Warum sollte der ÖR den Durchschnitt repräsentieren? Wenn der Durchschnitt ultrarechtsradikal unterwegs wäre, sollte der ÖR auch ultrarechtsradikal sein?
Und vielleicht sollten wir mal Begriffe klären. Wenn ich den ÖR als tendenziell konservativ bezeichnet, dann entspricht das ungefähr der CDU. Die „Mitte“ sehe ich aktuell her bei der SPD (nicht, weil der Großteil der Menschen in DE auf Arbeiterrechte und dergleichen abfährt, sondern weil die SPD so handelt wie sie derzeit handelt).
Deine Überlegungen berücksichtigen auch nicht eine wichtige Frage. Du sagst, der ÖR sollte die politische Mitte widerspiegeln und es den Rändern nicht recht machen. Aber was ist, wenn einer der Ränder tatsächlich Recht hat?
Die wichtigste Aufgabe des ÖR ist es, die Wähler zu informieren. Und dieser Aufgabe kommt er derzeit nicht bzw. nur unzureichend nach. Der ÖR sollte keine Meinung vertreten oder Middle Ground finden. Er sollte Meinungen darstellen und gemäß wissenschaftlichen Erkenntnissen einordnen. Carmen Miosga und Markus Lanz dürfen ihre Meinungen haben und meinetwegen auch in Kolumnen äußern. Aber in einer Talkshow ist es ihre Aufgabe, gezielt nachzuhaken um Meinungen zu zerlegen, die nicht zur Faktenlage passen. Und auch Gäst*innen mit fundierten Meinungen herauszufordern und ihre Argumente auf Herz und Nieren zu testen. Dabei müssen die Hosts aber keine Meinung, keine Politik oder gesellschaftliche Mittel vertreten.
Warum sollte der ÖR den Durchschnitt repräsentieren? Wenn der Durchschnitt ultrarechtsradikal unterwegs wäre, sollte der ÖR auch ultrarechtsradikal sein?
Der ÖR ist kein Selbstzweck, sondern basiert auf der gesellschaftlichen Akzeptanz. Es ist unser Rundfunk. Daher müssen sich auch die verschiedenen Schichten der Gesellschaft in ihm wiederfinden. Wenn unsere Gesellschaft, wie in deinem extremen, hypothetischen Beispiel, tatsächlich im Durchschnitt (!) ultrarechtsradikal wäre, dann wäre es auch der ÖR, ja.
Du sagst, der ÖR sollte die politische Mitte widerspiegeln und es den Rändern nicht recht machen.
Nein. Ich sage, der ÖR sollte in Summe bei einer Position der Mitte landen. Er kann natürlich durchaus auch Stimmen von den Rändern* Platz einräumen, aber so abgewogen, dass es am Ende wieder den Durchschnitt repräsentiert.
Aber was ist, wenn einer der Ränder tatsächlich Recht hat?
Welche politische Richtung hat denn faktisch Recht? Die Frage der Fakten ist für mich nicht gekoppelt an die Frage der politischen Richtungen. Gelogen wird überall, auch in der Mitte.
Aber in einer Talkshow ist es ihre Aufgabe, gezielt nachzuhaken um Meinungen zu zerlegen, die nicht zur Faktenlage passen. Und auch Gäste mit fundierten Meinungen herauszufordern und ihre Argumente auf Herz und Nieren zu testen. Dabei müssen die Hosts aber keine Meinung, keine Politik oder gesellschaftliche Mittel vertreten.
Da stimme ich, wie gesagt, zu.
*sofern diese Ränder noch auf dem Boden unserer Verfassung stehen.
Daher müssen sich auch die verschiedenen Schichten der Gesellschaft in ihm wiederfinden. Wenn unsere Gesellschaft, wie in deinem extremen, hypothetischen Beispiel, tatsächlich im Durchschnitt (!) ultrarechtsradikal wäre, dann wäre es auch der ÖR, ja.
Da kann ich nicht zustimmen. Der ÖR ist kein Repräsentationsmedium, dass die durchschnittliche Meinung der Bevölkerung widerspiegeln soll, sondern es soll informieren (und unterhalten, aber das ist eine andere Diskussion). Da ist es mMn egal, wie die Bevölkerung politisch aufgeteilt ist.
Nein. Ich sage, der ÖR sollte in Summe bei einer Position der Mitte landen.
Warum sollte der ÖR eine Meinung bzw. eine politische Position einnehmen?
Welche politische Richtung hat denn faktisch Recht?
Naja, Klima- und Energiepolitisch haben z.B. die Grünen die Nase vorn was ihre faktische Basis und das wissenschaftliche Fundament angeht.
Abgesehen davon müsste man deine Frage nach diversen Einzelpositionen untersuchen, aber tendenziell arbeiteb progressive Strömungen meistens auf wissenschaftlicher Basis.
Gelogen wird überall, auch in der Mitte.
Das ist eine falsche Gleichstellung. Nicht überall wird im gleichen Maße und mit den gravierendsten Auswirkungen gelogen. Insbesondere faktenbefreiter Populismus wird eher weniger von links und grün betrieben (ein Grund, warum gerade diese beiden Strömungen derzeit nicht besonders beliebte sind, sie bedienen nicht das aktuelle Meta). Diese „Sind doch eh alle gleich scheiße“-Einstellung finde ich ehrlich gesagt sehr kontraproduktiv und problematisch.
Warum sollte der ÖR eine Meinung bzw. eine politische Position einnehmen?
Vielleicht reden wir auch ein Stück weit aneinander vorbei. Mir geht es gar nicht darum, dass ich einen “parteiischen” ÖR haben möchte, der unbedingt politische Meinungen einnehmen soll. Im Idealfall ist er neutral.
Du hast dich nur im Anfangspost darüber beschwert, dass AfDler zwar immer den ÖR als “linksgrünversifft” bezeichnen, er dir aber zu “rechts” ist. Mein Punkt war der, dass es ein neutraler ÖR keiner dieser Seiten Recht machen könnte und es insofern ein eigentlich ganz gutes Zeichen ist, wenn beide Seiten dem ÖR jeweils eine Tendenz in die andere Richtung vorwerfen.
Naja, Klima- und Energiepolitisch haben z.B. die Grünen die Nase vorn was ihre faktische Basis und das wissenschaftliche Fundament angeht.
Das stimmt, ist aber, wie du selber sagst, nur ein kleiner Bestandteil des weiten Feldes Politik. Andere Themen sind viel weniger “hart” und lassen viel Platz zu Interpretationen. Faktenbasiert müsste doch eine progressive Partei wie die Linke ein Anheben des Renteneintrittsalters fordern, um den Entwicklungen der Lebenserwartungen gerecht zu werden. Fordern tun sie hingegen das Gegenteil. Oder nimm das Fukushima-Beispiel. Nüchtern faktenbasiert hätte man zu dem Schluss kommen müssen, dass sich aus dem Unglück für die deutschen Meiler kein Handlungsbedarf ergibt. Entschieden haben wir uns (glücklicherweise!) anders. Fakten sind ein Teil, aber nie zu 100% der Grund für politische Entscheidungen. Es geht bei Politik auch jenseits klassischer populistischer Parteien immer auch darum, was die Menschen wollen. Das Dilemma kriegst du auch nicht aufgelöst in meinen Augen, da ein Mensch nie zu 100% rational ist und auch nicht sein möchte.
Das ist eine falsche Gleichstellung. Nicht überall wird im gleichen Maße und mit den gravierendsten Auswirkungen gelogen.
Der Punkt ist: Lügen ist nicht abhängig von politischen Ausrichtungen. Wir leben in einem ziemlich konservativen Land und daher prägt die momentane Welle des Populismus hierzulande so Parteien wie die AfD am äußersten rechten Rand. Wenn du jedoch nach Südamerika schaust, findest du dort problemlos Linkspopulismus. Das Fehlen von Linkspopulismus hierzulande hat in meinen Augen nichts mit einer “Unmöglichkeit” von einer Kombination von Links und Populismus zu tun, sondern einfach mit der extremen Schwäche der politischen Linken an sich. Wagenknecht ist mit ihrem “Bündnis” auch dadurch so stark geworden, dass sie in ihren Populismus auch rechte Positionen einfließen lässt.