1.200 Euro bedingungsloses Grundeinkommen monatlich für alle sind grundsätzlich finanzierbar – dies zeigt ein neuer Onlinerechner.

1.200 Euro pro Monat vom Staat für alle erwachsenen Bür­ge­r:in­nen – ohne Arbeit, ohne Bedingungen, für Kinder die Hälfte. Ein schöner Traum? Ja – und nein. Ab diesem Dienstag wird die Utopie etwas realistischer. Denn die Organisation Mein Grundeinkommen hat einen Internetrechner programmiert, mit dem man online selbst ausprobieren kann, was ein bedingungsloses Grundeinkommen hierzulande kosten würde und wie es sich finanzieren ließe. Die Datenbasis hat der Ökonom Stefan Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin bereitgestellt. Das Modell ist also nicht aus der Luft gegriffen.

Der Debatte über die Sinnhaftigkeit eines Grundeinkommens läuft in Deutschland, seit die rot-grüne Regierung unter Kanzler Gerhard Schröder (SPD) in den frühen 2000er Jahren die Arbeitslosenhilfe abschaffte und durch die magere Sozialleistung Hartz IV ersetzte. Seitdem sagten viele Aktivist:innen, es müsse etwas Besseres geben als „Armut per Gesetz“ – wobei Hartz IV mittlerweile durch das etwas höhere und leichter erhältliche Bürgergeld abgelöst wurde.

Wer den Rechner ausprobiert, erfährt beispielsweise, dass 1.200 Euro pro Kopf in Deutschland etwa eine Billion Euro (1.000 Milliarden) pro Jahr kosten – eine fantastische Summe, die mehr als das Doppelte des jährlichen Bundeshaushalts beträgt. Woher soll eine Gesellschaft so viel Geld nehmen, selbst wenn sie so reich ist wie unsere? Der Rechner gibt praktische Antworten und hat deshalb das Zeug, die häufig ideologische Diskussion zu versachlichen.

Die grundsätzliche Erkenntnis formulierte Michael Bohmeyer, Initiator der Organisation: „Ein Grundeinkommen für alle wäre finanzierbar“ – allerdings mit sehr viel höheren Steuern als heute. Erstaunlich ist, wie viele Menschen von manchen Finanzierungsvarianten, die man selbst online einstellen kann, profitieren würden. Beispielsweise 80 Prozent der Bevölkerung hätten dann mehr Geld zur Verfügung als heute. Ungefähr 20 Prozent mit den höchsten Einkommen und Vermögen würden im Vergleich zu heute allerdings draufzahlen, ihre Belastung mit Steuern nähme unter dem Strich deutlich zu.

Gesellschaft wäre sozial viel ausgeglichener

Dies führt zu einem weiteren Ergebnis: Eine solche Gesellschaft mit Grundeinkommen wäre sozial viel ausgeglichener, der Abstand zwischen niedrigen und hohen Einkommen fiele geringer aus als jetzt. Wegen der Garantiezahlung von 600 und 1.200 Euro „nimmt auch die Armut drastisch ab“, erklärte Miriam Witz von Mein Grundkommen. Finanzieren ließe sich das Grundeinkommen beispielsweise mit einer einheitlichen Steuer (Flattax) von 50 Prozent auf alle Einkommen. Dieses Prinzip funktioniert so: Wer beispielsweise 2.000 Euro zu versteuerndes Einkommen pro Monat erzielt, muss erst mal 1.000 Euro abgeben. Zusätzlich erhält man aber die 1.200 Euro Grundeinkommen, wodurch dann 2.200 Euro herauskommen – 200 Euro mehr als vorher.

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Spannender Rechner! Das wäre auf jeden Fall ein ziemlicher Umbau unseres Sozial- und Steuersystems. Ich bin ein klarer Befürworter vom BGE, aber selbst wenn es theoretisch nach dem vorgestellten Modell möglich ist und man eine Regierung hätte, die mehrheitlich grundsätzlich für das BGE wäre, glaube ich, dass das Risiko hinter so einem Umbau für praktisch jede Regierung zu groß wäre.

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De facto haben wir ja schon ein Grundeinkommen und wenn man sich nicht total bescheuert anstellt, kann man das auch Stück für Stück umsetzen.

SteuerId gibt’s ja schon, zentrales Konto für alle (Steuer-)Bürger muss spätestens für’s Klimageld sowieso kommen. Die AGs melden die Einkünfte ans Finanzamt und wenn die negative Einkommenssteuer greift, gibt’s halt Geld auf das angegebene Konto überwiesen.

Aaaaber die FDP hasst halt arme Menschen und die SPD ist immer noch in der erbärmlichen protestantischen Arbeitsethik verhaftet. Also wird das wohl nix.

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Eine solche Gesellschaft mit Grundeinkommen wäre sozial viel ausgeglichener[…]

Ja, weil dann alles was nicht reicht erbt oder Unternehmer ist sozial noch weiter nach unten rutscht, weil sie die Unterschicht und untere Mittelschicht subventionieren, deren weiteres Abrutschen abgefedert wird. Also die Dullis unten rücken näher zusammen, es wird noch schwerer sich etwas zu erarbeiten und sozial auszusteigen und die Menschen, bei denen sich in Deutschland das Vermögen konzentriert, chillen halt weiter. Klasse.

Gegenvorschlag: Erbschaftssteuer rauf Unternehmsgewinne stärker besteuern.

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grundsätzlich finanzierbar

Das wäre das 9€ Ticket auch gewesen.
Es gäbe sehr viele Dinge die grundsätzlich finanzierbar wären. Aber ohne politischen Willen wird daraus halt nichts.

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Genau, die oberen 20% noch mehr besteuern? Wir haben jetzt schon zu wenig Fachkräfte.

Wir müssen Besitz besteuern, nicht Einkommen.

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Völlig richtig. Einkommen zu besteuern bedeutet soziale mobilität zu verringern: Wer sich krumm macht zahlt viele Steuern und kann schlecht ein Vermögen aufbauen. In deutschland ist man reich weil man erbt, nicht weil man mehr als 100k/Jahr verdient. Wir müssem Vermögen besteuern - und zwar kräftig. Wir sollten auch Einkommens/Vermögensunabhängige steuern wie die Mehrwertsteuer reduzieren und durch Vermögenssteuern ersetzen. Das kommt allen zugute.

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mit den höchsten Einkommen und Vermögen.

Da geht es schon um beides. Und die eimfache Fachkraft gehört bestimmt nicht zu den 20% oben.

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Mit einem technischen Master ist man schnell in den Top 10%. Da muss man noch nicht mal 100k€ im Jahr verdienen.

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Mit einem technischen Master ist man schnell in den Top 10%. Da muss man noch nicht mal 100k€ im Jahr verdienen.

Vielleicht be Einkommen aber nicht bei Vermögen.
Deutschland ist ein Hochsteuerland für Einkommen aber Vermögen und Erbschaften werden kaum besteuert.

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Offensichtlich ist man das nicht so schnell, weil nur 10% oder weniger der deutschen so ein Einkommen haben.

Und ich zahl als “Betroffener” lieber mehr Steuern, damit meine späteren Kinder eine ordentliche Bildung bekommen, sichere Schulwege haben und zahrleiche Frezeitangebote wahrnehmen können, anstatt mit 13 auf dem kaputten Spielplatz mit den Kindern, die in Armut leben, rauchen und saufen anzufangen.

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Als Fachkräfte werden im allgemeinen eigentlich Leute mit Ausbildung, nicht mit Studium bezeichnet. Das sind nämlich auch die, die in Deutschland tatsächlich zunehmend fehlen.

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