Manche wollen präzisere Zielsetzungen der Anti-AfD-Demonstrationen. Doch Abgrenzung gegenüber CDU und SPD ist ein Fehler.

Nichts gegen einen „linken Besser­wisser“, wie sich taz-Redakteur Kersten Augustin in seinem taz-Text zur Zukunft der FCK-AfD-Demos sympathischerweise selbst nennt – aber es wäre ganz schön, wenn er es wirklich besser wüsste. Augustin findet, der Straßenprotest gegen die neuen Nazis müsste „kleiner, aber feiner“ werden, wobei fein bedeutet: unmissverständlich links konturiert und klarer gegen die konfuse Politik der Ampel gerichtet; gegen die Abschiebungsfreunde der CDU und den rechtsoffenen Populismus der CSU sowieso.

Mit dem Wunsch nach inhaltlicher Schärfung und nach Abgrenzung gegenüber den alten politischen Gegnern aus der Union bei den erfreulich breiten Anti-AfD-Demos dürfte Augustin nicht alleine sein. Allerdings kann man fragen, ob man das Spiel der Definition von Reinheitsgeboten nicht besser dem Selbstgespräch von Dogmatikern, welcher Couleur auch immer, überlassen sollte.

[…]

Natürlich hat Augustin ein starkes Argument, wenn er an den Rechtsschwenk der Ampelparteien zum Beispiel in der Migrationspolitik erinnert und zumindest einzelnen Unions-Politikern ein wahlkampfopportunistisches Anbiedern an AfD-nahe Positionen vorwirft. Natürlich kann man es bigott finden, wenn Scholz und Baer­bock auf einer Potsdamer Anti-AfD-Demonstration in die Kameras lächeln, nachdem sich in ihrer Regierungszeit die Umfragewerte für die AfD nahezu verdoppelt haben.

Aber diese Argumentation übersieht die entscheidende Grenzlinie, die die AfD von den demokratischen Parteien trennt, auch von denen, die unter taz-Redakteuren völlig zu Recht nicht auf gesteigerte Sympathie stoßen. Die AfD will nicht einfach eine andere Regierung. Sie will eine andere Gesellschaft, ethnisch und in den Wertorientierungen homogenisiert, mit einem reaktionären Rollback im Geschlechterverhältnis, nationalistisch bis zur schweren ökonomischen Selbstbeschädigung des Landes in der Abkehr von der EU, autoritär regiert und ohne Freiräume für politischen, kulturellen, religiösen Pluralismus und eine offene, sichtbare Diversität der Lebensstile und sexueller Orientierungen.

[…]

Derzeit sammelt ein CDU-Bundestagsabgeordneter unter seinen MdB-Kolleg:innen aller Fraktionen (außer der AfD natürlich) Unterschriften, mit dem Ziel, eine Bundestagsmehrheit für solch einen Antrag vor dem Verfassungsgericht zu organisieren. Politisch klug wäre solch ein Verbotsverfahren nur, wenn es von allen demokratischen Parteien, gerade auch von den konservativen, getragen und offensiv argumentativ begleitet wird. Wenn er diesen Antrag unterstützt, gehe ich notfalls sogar mit Friedrich Merz demonstrieren.

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Naja, we gegen “Rechtsextremismus” auf die Straße geht, und gleichzeitig Abschiebungen unter menschenunwürdigen Bedingungen feiert, hat ein Problem.

Hört man auf die Leute, die in erster Linie betroffen sind, also Migranten und Menschen die als solche gelesen werden, dann gibt es viel Kritik an der Heuchelei. Gerade sieht man ja auch in Hanau, wie schamlos die SPD die Totenruhe stört, und die Opferfamilien demütigt, um sich selbst auf dem Friedhof zu inszenieren. Gleichzeitig weigert man sich, die Rechtsextremen Umtriebe bei der hessischen Polizei endlich ernstzunehmen, und dagegen vorzugehen.

Ob man nun von einem Nazi ermordet wird, während die AfD zuschaut, oder man von einem Nazi ermordet wird, während die CDU zuschaut, ändert an der Konsequenz herzlich wenig.

Dabei muss man auch unterscheiden zwischen Ausgrenzung bei den Protesten und klarer Kritik. Die Ampel muss bei Protesten gegen Rechtsextremismus kritisiert werden. Sie ist mitverantwortlich, sie hilft mit und sie teilt Teile der Positionen. Die Gefahr ist sonst, dass die Proteste nur zur Gewissenberuhigung der weißen Mehrheit dienen, die letzendlich aber in die selbe Richtung marschiert wie die Nazis.

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Was unterscheiden AFD, die Rechte, der dritte Weg und Konsorten von CDU, CSU, SPD, FDP, der Linken, den Grünen und Konsorten?

Richtig: die einen wollen die freiheitliche demokratische Grundordnung abschaffen und bestimmen, die anderen wollen sie wahren und regieren.

Wie sie regieren und was sie Entscheiden ist dabei irrelevant, solange sie respektieren, dass sie angewählt werden können. Alles andere sind Details.

Gehe für Demokratie auf die Straße und gegen Nazis! Gemeinsam gegen Rechts (das beinhaltet das gesamte, demokratische politische Spektrum!)

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Was ist wenn die Leute die die es ok finde abgewählt zu werden mit ihrer Rhetorik und Politik genau die stärken, die es dann nicht mehr ok finden abgewählt zu werden? Darf man das nicht kritisieren?

Gemeinsam gegen Rechts (das beinhaltet das gesamte, demokratische politische Spektrum!)

"Lustiger"weise nimmt die CDU regelmäßig nicht an den Demos teil weil sie sich selber als Rechts sieht und ist. Aber eben nicht Rechtsextrem und das stimmt in weiten Teilen auch. Du machst genau das was du kritisierst, die CDU und die Rechtsextremen ins gleiche Boot werfen.

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Darf man das nicht kritisieren?

Doch natürlich darfst (und solltest) du das kritisieren was CDU, CSU, SPD, FDP und Freie Wähler so tun. Das solltest Du allerdings nicht unbedingt auf einer Demo gegen die AfD machen. Mach das auf anderen Demos und mach die Demos gegen die AfD nicht kaputt.

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Hört man auf die Leute, die in erster Linie betroffen sind, also Migranten und Menschen die als solche gelesen werden,

Ja, dann hör mal auf mich. Dank eines Elternteils sehe ich nämlich “südländisch” aus und deshalb geht es mir auch extrem nahe, wie Leute wie du diesen für mich wichtigen Protest missbrauchen wollen.

Die Ampel muss bei Protesten gegen Rechtsextremismus kritisiert werden. Sie ist mitverantwortlich, sie hilft mit und sie teilt Teile der Positionen.

Nein muss sie nicht. Dafür hast Du vor der Demonstration und nach der Demonstration genug Zeit. Über Menschen wie dich rede ich. Menschen, die sich selbst vor allem gut fühlen wollen und dabei eine übergroße Anzahl anderer Menschen vergraulen. Menschen die wir dringend brauchen.

Kapiert ihr das wirklich nicht oder wollt ihr einfach nicht? Es geht bei den Demonstrationen nicht um Asylpolitik (die ich auch kritisiere). Es geht einzig und allein um die Gefahr, dass echte Nazis in diesem Land wieder Macht bekommen. Dagegen gehen 100.000de auf die Straße. Dagegen und gegen nichts anderes.

Und wenn Du jetzt auf den Demos gegen die SPD wetterst, dann hast Du schon mal alle SPD-Anhänger vor den Kopf gestoßen. Die werden es sich dann überlegen ob sie nochmal kommen. Dann gibt es ja auch noch die geschichtsvergessenen Spezis, die die CDU mit Nazis gleich setzen. Und dann stehst Du da irgendwann allein. Ohne SPD, CDU, CSU.,FDP, Freie Wähler. Also ohne die Bevölkerung. Du und vielleicht ein paar hundert andere. Und schon habt ihr die ganze Sache erfolgreich torpediert und kaputt gemacht. Aber hey, ihr könnt euch immerhin auf die Schulter klopfen, dass ihr es dem Scholz mal so richtig gezeigt habt. Glückwunsch.

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Also, mir spricht der Vorposter eigentlich sehr aus dem Herzen. Ich seh nicht nur Südländisch aus sondern bin auch Muslim und habe viele Freunde, die Flüchtlinge entweder in 1. oder 2. Generation sind. Die die seit den 2010er Jahren gekommen sind haben mir wirklich abenteuerliche Geschichten erzählt von ihrer Flucht, wie sie unterwegs behandelt wurden, wie sie hier angekommen sind.

Ich hab’s auch selber mit erlebt. Ich fühle mich auch selbst immer mehr marginalisiert, sehe irgendwie keine größere Partei mehr, die irgendwas gegen den Rechtsruck macht. Fühle mich nicht mehr wohl in diesem Land und so geht’s meinem gesamten Umfeld.

Und wie wir mit Flüchtlingen umgehen, das muss ja nicht so sein. Bei den Ukrainern ging’s ja auch alles ganz einfach und niemand hat die an der Grenze verprügelt und eingekerkert. Es ist einfach nur rassistische, rechte menschenverachtende Politik der Grund, warum wir Flüchtlinge wie Dreck behandeln.

Nun gehen die Menschen auf die Straße und es ist Trend sich irgendwo FCKAFD hinzuschreiben. Und im gleichen Zug werden Bezahlkarten eingeführt und im gleichen Zug werden Migranten auf Demos angefeindet und ausgebuht, weil die irgendwas sagen, das dem deutsch-Deutschen nicht in den Kram passt. Ja wofür geht man dann denn eigentlich auf die Straße? Gegen rechte Politik ja wohl nicht, sondern wohl eher nur dagegen dass rechte Politik einem persönlich an den Kragen geht.

Leicht vom Thema abschweifende Anekdoten zum Thema Flucht: Ich persönlich hab miterlebt wie in meiner Kindheit Freunde & Nachbarn verschwunden sind, uns wurde gesagt die sind „zurück nach Hause gegangen“. Hab später gelernt die wurden nach Ghana, Bosnien, etc. abgeschoben, teils waren die schon auf der weiterführenden Schule. Das waren Kids die hier geboren, aufgewachsen sind und auch nicht die Sprache in ihrem „Heimatland“ gesprochen haben. Ich frage mich bis heute, wie es denen so ergangen ist. Ich kenn auch paar Flüchtlinge die in den 2010er Jahren gekommen sind. Wilde Geschichten, einer der von ner Fassbombe erwischt wurde, lag ein paar Tage an der Grenze verletzt rum weil die Türkei die Grenze dichtgemacht hat. Hat Schrapnel in den Kopf bekommen und ist auf einem Auge blind. Wurde irgendwie von Medizinstudenten zusammengeflickt und hat Glück dass das Bein nicht amputiert wurde, aber musste in Deutschland noch mehrmals operiert werden. Ist also in dem Zustand auf ein Schlauchboot, fast abgesoffen. Dann durch den Balkan mal mit dem Zug, aber auch ganz viel gelaufen, musste vor serbischen und ungarischen Bullen wegrennen an der Grenze, sich in Budapest verstecken weil sie Leute auf der Straße festgenommen haben, und ist dann irgendwie in Deutschland angekommen. Das war 2015, heute ist das alles noch viel komplizierter.

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Jedoch muss die EU gemeinsame Lösungen haben, Meloni, Orban und auch UK. Aus dem Fenster schauen.

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Es geht einzig und allein um die Gefahr, dass echte Nazis in diesem Land wieder Macht bekommen

Und genau diese Gefahr wird u.A. durch die CDU und in Teilen von der Ampel weiter verstärkt. Wenn die davon angesprochenen dann beleidigt sind sollten sie mal darüber nachdenken was sie da so tun.

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Kapiert ihr das wirklich nicht oder wollt ihr einfach nicht?

Die WOLLEN es nicht kapieren. Denen ist ihr kleiner kreiswichs wichtiger als die wirkliche verbesserung.
Die interessieren sich genau so wenig für dich wie die afd.

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Hm, es ist halt ein schwerer Balance-Akt, der ja auch nicht neu ist. Zum einen hast du natürlich recht, dass es besser ist, möglichst viele Menschen gegen AfD und den angriff auf die Demokratie zu verteidigen. Allerdings sehe ich auch, was andere hier angebracht haben, dass sich damit die anderen Parteien natürlich super profilieren können und damit ihren rassistischen und anderweitig diskriminierenden Kurs weiterführen können. Sie haben sich ja schon vom Rechtsextremismus abgegrenzt, dann können sie so weiter machen wie vorher. Aber die ganzen Parteien haben ja den Rechtsruck nur mit angefacht über die letzten Jahre, indem sie immer mehr auf Positionen der AfD aufgesprungen sind. Selbst wenn wir uns als Gesellschaft von der AFD jetzt gemeinsam verabschieden, bleiben ja trotzdem die rechte Gesinnung von großen Teilen der Gesellschaft. Was also tun gegen die ganze Propaganda-Maschine, die uns Tag ein Tag aus erzählt, dass wir mehr Menschen abschieden sollten, “Ausländer” und Arbeitslose faul sind, trans Frauen in Wahrheit übergriffige Täter sind? Wir müssen dafür natürlich auch den ganzen scheiß kritisieren, der von den Parteien so von sich gegeben wird, denn sonst schaffen es eben doch rechte Positionen immer wieder den Diskurs zu torpedieren.

Auf den CSDs kommt ja auch jedes Jahr immer wieder die gleiche Diskussion hoch, warum bitteschön die großen Parteien, die Polizei oder die Bundeswehr sich dort profilieren dürfen. Erst Gewalt gegen queere Menschen ausüben und sich dann als queerfreundlich feiern lassen… Genauso verhält es sich mMn mit diesen Demos.

ETA: Und nur noch mal zur Verdeutlichung: zur letzten Bundestagswahl haben anscheinend die Mehrheit der Menschen einem Kanzler zugestimmt, der öffentlich für Korruption in der Kritik stand und dem Menschenrechte basierend auf seinem Umgang mit dem G20-Gipfel in Hamburg auch völlig egal sind. Dass er jetzt mehr Abschiebungen fordert, überrascht darauf basierend auch nicht mehr.

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Alles richtig aber wie der der Autor des Artikels schon schreibt.

Aber diese Argumentation übersieht die entscheidende Grenzlinie, die die AfD von den demokratischen Parteien trennt, auch von denen, die unter taz-Redakteuren völlig zu Recht nicht auf gesteigerte Sympathie stoßen. Die AfD will nicht einfach eine andere Regierung. Sie will eine andere Gesellschaft, ethnisch und in den Wertorientierungen homogenisiert, mit einem reaktionären Rollback im Geschlechterverhältnis, nationalistisch bis zur schweren ökonomischen Selbstbeschädigung des Landes in der Abkehr von der EU, autoritär regiert und ohne Freiräume für politischen, kulturellen, religiösen Pluralismus und eine offene, sichtbare Diversität der Lebensstile und sexueller Orientierungen.

Und dagegen gemeinsam aufzustehen ist wichtiger als die Differenzen, die wir ansonsten in unseren politischen Ansichten haben, nun ausgerechnet genau auf diesen Demos auszufechten.

Für die Auseinandersetzung mit der real existierenden Sozialdemokratie ist ansonsten noch genug Zeit. Das muss nun nicht ausgerechnet dann passieren, wenn man SPD Wähler mit ins antifaschistische Boot holen will. Das ist doch toll, dass alle gemeinsam gegen die AfD stehen. Sogar Freie Wähler machen mit. Will man die alle weg ekeln um dann einsam und allein auf verlorenem Posten den ideologiekonformen Heldentod zu sterben? Ich hoffe nicht.

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Nee, klar, nur ich vermisse mehr Differenzierung. Es geht um Abschiebungen von Menschen ohne Bleiberecht. Das sind nicht viel. Wir können alles diskutieren, aber mir gefällt nicht das die Linken nicht militärisch anerkennen, das um uns rum ein Krieg in der Ukraine ist, wo nur Waffen diesen aufhalten können.

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