Disclaimer: Ich bin weder Fan der FDP, noch von Herrn Lindner


Der Zeitpunkt: 30.9.2024 ca 12:30-14uhr;

Der Ort: München, ein kleiner Saal im Fat Cat (ehemals Gasteig)


Christian Lindner stellt sich ca. 1,5 Stunden den Fragen seiner Bürger; mit im Publikum OP.

Es sind keine Verhältnisse wie man sie aus Parks and Recreation kennt, aber das Format hat inherent seine Grenzen.

Auf der einen Seite kommen querbeet Fragen zu diversen Themen durch vermutlich nicht geschulte Redner, die auf der anderen Seite von einem extrem eloquenter Politiker beantwortet werden, der diese aber nicht im Vorraus kennt. Deshalb sollte man nicht erwarten, dass hier neue inhaltliche Erkenntnisse erarbeitet werden. Wobei dies selbst im Rahmen geeigneterer Formate (wie geleitete Expertendebatten oder Einzelinterviews zu begrenzten Themen) seltenst gelingt.


Für Interessierte gibt es das gesamte Event als Aufzeichnung hier zum nachschauen.

Ausgewählt aus 1,5 Stunden möchte ich allerdings drei Annekdoten teilen, die bei mir als Besucher hängengeblieben sind. Zwei etwas kürzere und eine substantiellere:


[48min17sek in der Aufzeichnung des Livestreams] Eine Antwort in Bezug auf das Thema Dienstwägen: Hier zeigt Herr Lindner einen klassischen Trick erfolgreicher Politiker in der Wahl seines Beispieles. Es folgt die Erzählung über eine ambulante Altenpflegerin und ihren VW Polo. Mein erster Gedanke (und so könnte es hier vielen gehen) ginge hier eher zum Manager mit BMW SUV oder Mercedes Limousine.


Im Verlauf des Dialogs erhalten zu unterschiedlichen Zeitpunkten zwei der anwesenden jungen Männer erhalten das Wort für eine Frage; beide angehende Studenten. Ihre Studienfächer, wie könnte es anders sein bei einer Veranstaltung mit Christian Lindner: Jura und BWL. Klischee erfolgreich erfüllt.


[55min45sek und 1h17min] Mit dem Risiko mich zu doxxen (außer meiner Glatze sieht man denke ich allerdings nichts) möchte ich die Fragen und deren Beantwortung meiner zwei Sitznachbarn herausgreifen. Sie könnten in jeglicher Hinsicht kaum unterschiedlicher sein und sind was bei mir den deutlichsten Eindruch hinterlässt.

Sitznachbar Rechts eröffnet seine Fragezeit mit dem Kommentar, dass er der Meinung sei der Kanzler und Bundesminister wie Herr Lindner müssten mehr verdienen. Es folgt eine kleine Tirade von Bürgergeldbetrug des “Papa Nelson”, wie berichtet im Magazin Kontraste, bis hin zu Temu/Sein. Nebenbei wirft er Habeck Landesverrat für seine Wirtschaftspolitik vor. Auch ist er wohl bestens Vernetzt von Wolfgang Porsche bis zur Führungsriege der Unicredit.

–> Lindner ist begeistert: “Erstmal danke für Ihre Leidenschaft” und “Ja das muss raus”.

Sitznachbar Links nimmt gegen Ende das Zepter selbst in die Hand. Da er (wie vermutlich andere auch) gegen Ende der Veranstaltung immer noch nicht zu Wort gekommen ist, steht er einfach selbst auf und beginnt sein Anliegen vorzutragen, auch ohne anfangs das Mikrofon zu haben. Ihm fehlt der Klimaschutz in den bisherigen Fragen (oder wurde zumindest zuwenig behandelt). Auch fragt er sich ob es ein intellektuelles Problem sei, dass die schwere der Krise sich nicht in der Politik widerspiegele, im Kontrast zur Panik der Klimaforscher.

–> Christian Lindner ist gelinde gesagt not amused: Noch währen der Ausführungen kommt der etwas wirsche Einwurf “ist angekommen”. Danach Folgt für mich der Hammer der Veranstaltung im Doppelschlag. Erst vermischt er das Zukurzkommen des Klimaschutzes in den bisherigen Fragen des Publikums mit dem Begriff des “intellektuellen Problems” das an die Politik gerichtet war und dreht das ganze so, als würde hier das Publikum als dumm beleidigt (etwas später wird in Bezug hierauf Respekt im Namen des Publikums gefordert). Anschließend “erlaubt” er sich hier eine Gegenfrage: Ohne das es Teil von dessen Ausführungen war fragt er den Herren, was denn seine Einstellung zur Atomenergie sei. Die kurz darauf gelieferte Begründung für diese Frage ist, dass er den Herren damit “nur kurz einordnen” wolle. Besonders im Hinblick der Belastung dieses Themas und eigentlichen irrelevanz zur Diskussion ist dieser Schachzug perfekt um die Debatte entgleisen zu lassen. Anschließend folgt eine Tirade über die zwei Formen der Klimapolitik von der eine stark verbunden sei mit linker Politik. Wenig überraschend ist Christian hiervon kein Fan.

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War tatsächlich eine gute Gelegenheit ihn hautnah zu erleben, wenn man das will. Ging in verhältnismäßig kleinem Rahmen ohne großes drumherum direkt zur Sache. Und ich kann bestätigen, dass er in Realität so gut, wenn nicht sogar besser, als auf dem Plakat aussah.

Ich glaube zwar, dass er uns noch lange erhalten bleibt, aber bei den derzeitigen Wahler- und Umfrageergebnissen der FDP wird es in Zukunft sicher schwerer ihn live zu erleben.

Ich hoffe, dass mein kurzer Bericht für alle diejenigen interessant ist, die nicht selbst die Gelegenheit haben an so etwas teilzunehmen.

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Ich bin nicht überzeugt, dass Lindner sich noch lange hält. Bis zum Ende der Ampel? Sicher. Darüber hinaus? Muss er wohl eine Drehtür finden. (Aber vielleicht meinst du das, wenn du sagst, dass er dann nicht mehr so sichtbar sein könnte.)

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Darüber hinaus? Muss er wohl eine Drehtür finden. (Aber vielleicht meinst du das, wenn du sagst, dass er dann nicht mehr so sichtbar sein könnte.)

Ich meinte eher nur, dass er einfach weniger sichtbar sein wird im Vergleich zu jetzt, wo er ja praktisch omnipräsent ist indem er alles blockiert und als Minister auch viele Veranstaltungen (wie diese hier) besucht.

Man sollte hoffen, dass ihm die Tür gezeigt wird, besonders weil ich tatsächlich finde, dass eine tatsächlich liberale Partei ohne puren Fokus auf Wirtschaft und Klientelpolitik positiv sein könnte. Aber ich glaube, dass Lindner auch weiterhin das Gesicht der FDP bleiben wird.

Wenn sie bei der nächsten Wahl krachend verlieren, wer würde denn statt Lindner übernehmen? Viele medienwirksam bekannte Gesichter gibt es ja nicht und die brächte man, falls man als Kleinstpartei doch irgendwo eingeladen werden will. Denke man wird einfach die nächste Legislaturperiode aussitzen und dann wieder auf Stimmenfang gehen mit der Hoffnung, dass die Wähler ein schlechtes Gedächtnis haben.

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