Es gibt eine gewisse stützende Faktenlage hinter dem Schwachsinn, den dieser Mann verzapft. Ja, Arbeitnehmer in Deutschland haben es sich in den letzten 50 Jahren echt bequem gemacht und das Sozialsystem ließ einen weich fallen. Kündigungsschutz finde ich in dem Maße, wie wir ihn haben, persönlich auch überprüfbar.
Aber das ist nicht die gleiche Generation, an die jetzt solche Forderungen gerichtet werden. Die Leute heute haben echt schon genug Probleme. Auch, wenn ich total dafür wäre, dass viel mehr Menschen mutig sind und den Schritt in die Selbstständigkeit wagen (sowas haben uns Lobbyvereine wie z.B. die CDU ja effizient schlechtgemacht), es geht nicht um lange Arbeitszeiten und späte Rente. Es geht darum, eine neue und gesunde Einstellung zu seinem eigenen Schaffen zu entwickeln, wo man sich nicht kaputtbuckelt, sondern auch etwas Leidenschaft für seine Tätigkeit entwickelt. Arbeit sollte kein Antagonist zum Leben sein, sowas finde ich total selbstzerstörerisch. Und ja, ich weiß, dass es Berufe gibt, die eben nicht sehr viel Leidenschaft erfordern, aber komischerweise treffe ich genau die meisten Leute, die das beste für sich selbst aus ihrem Job rausholen anstatt nur von Wochenende zu Wochenende oder Urlaub zu Urlaub zu leben.
Ich nehme mal vorweg an, dass ich damit sicher nicht viel Zuspruch erhalte, aber man kann ja auch mal eine unpopuläre Meinung von etwas haben und ich brauche eh mal ein paar Minuspunkte auf meinem quasi perfekt glänzenden feddit.org-Konto!
Arbeitnehmer in Deutschland haben es sich in den letzten 50 Jahren echt bequem gemacht und das Sozialsystem ließ einen weich fallen.
Dieses Sozialsystems ist aber auch extrem wichtig, um Arbeitnehmer:innen vor Ausbeutung zu schützen. Wenn die Alternative zum Arbeiten existenzbedrohend ist, kann mein Betrieb von mir so gut wie alles fordern - irgendwann kann ich auch zur größten Schikane nicht mehr Nein sagen, wenn ich dann Gefahr laufe, zu verhungern. Unser Sozialsystem ist auf die Masse gesehen vor allem ein Schutz für die Arbeitenden.
Das ist richtig. Aber es hemmt auch Selbstständigkeit, genauso wie unser überkompliziertes Steuersystem. Ich sehe da irgendwie beide Seiten. Ich wünsche mir mehr Selbstständigkeit deshalb, weil mich die Observation dieser seltsamen deutschen Massenparalyse bezüglich der selbstauferlegten Loyalität zum Arbeitgeber wahnsinnig macht. Ich glaube wirklich, das macht krank und deswegen bin ich hier für ein Umdenken.
dieser seltsamen deutschen Massenparalyse bezüglich der selbstauferlegten Loyalität zum Arbeitgeber (…) Ich glaube wirklich, das macht krank
Da bin ich völlig bei dir. So wie ich das erlebe geht die Loyalität aber tatsächlich oft mit Existenzangst einher. Da gibt es so eine tief verwurzelte Grundüberzeugung, dass es gar keine Alternative dazu gibt, sich dem zu beugen, was die Vorgesetzten fordern - eine ganz routinierte, angewöhnte Loyalität, genau wie du schreibst.
Ich glaube aber für ein Umdenken ist die Existenz einer solchen Alternative erstmal Grundvoraussetzung, und das bedeutet dann eben doch wieder Sozialsystem. Ohne ein solches wäre auch die Selbstständigkeit kein Ausweg. Ausbeuten kann man sich auch prima selbst, vor allem wenn die Alternative Obdachlosigkeit, sozialer Abstieg und die Bedrohung der eigenen Gesundheit bedeutet.
Arbeitgeber
Eigentlich ist der sogenannte Arbeitgeber der Arbeitnehmer und der sogenannte Arbeitnehmer der Arbeitgeber.
Mir ist nicht ganz klar geworden wie du den Zusammenhang zwischen Loyalität zum Arbeitgeber und Kündigungsschutz/Sozialsystem herstellst.
Meiner Ansicht nach erlaubt gerade ein guter Kündigungsschutz (und auch das Sozialsystem) erst eine gewissen Unloyalität, da dich der Arbeitgeber sonst zur Loyalität zwingen kann.
Der Zwang zum steigenden BSP macht Druck aufs Sozialgefüge, und ganz besonders in den letzten 50 Jahren:
- viel mehr Frauen müssen arbeiten
- Familien müssen schrumpfen (Kinder arbeiten nicht, benötigen aber Ressourcen)
- Immigration muss steigen (Verlagerung der teuren Ausbildung ins Ausland; Import von genüg- und folgsameren AN)
Die Antwort der AG auf die sozialen Verwerfungen ist, wie vorhersehbar, sie zu einem Problem der persönlichen Ethik zu machen. Reißt euch mal mehr am Riemen, dann können wir es morgen wieder mit China aufnehmen. Nee, der Zug ist abgefahren. Wenning paradiert seine geistige Eindimensionalität und sonst nichts mit seinen vorgestrigen Rezepten. Die richtigen Antworten wären, für den Anfang:
- verweise das überfressene mittlere Management in seine Schranken
- stampfe Bullshit-Jobs ein
- führe zum Ausgleich flächendeckend die 32-Stunden-Woche ein
- und wenn die Motivation dann immer noch steigerbar sein sollte, dann wandle deinen Betrieb in eine Coop um.
Arbeitnehmer
Der Arbeitnehmer gibt seine Arbeit dem Arbeitgeber und der Arbeitgeber nimmt die Arbeit des Arbeitnehmers und verwertet diese zu seinem Gewinn.
Naja, du schafelst halt und sagst nichts von Belangen. Brauchst dich nicht wundern, wenn die Leute deinen Bloedsinn nicht lesen wollen.